Sperrige Sache
Nur eine halbo Uraufführung gab es zum Saisonauftakt der Münchner Symphoniker Im Herkulessaal, denn “BIue Birds”, die “Katalanischen Impressionen” op. 74 von Leonora Milà, erwiesen sich Ietztlich als zu Iang für den Abend und mussten von der Komponistin auf eine viertelstündige “Best of”-Version zurückgestutzt werden, Trotzdem war das, was übrig blieb, alles andere als ein schneller Bi1derreigen. Es ist schwer abzuscliätzen, ob diese sperrige, ereignisarme Musik nicht sehr redundant wird, wenn noch mehr von ihr da ist, oder ob sie nicht sogar dann erst so richtig wirken kann weil eben das im großen Malße Unveränderte ihr Thema ist.
Nach zögerndem Beginn, einem geschickt gearbeitoten “Anheben”, bringt Milà einen mäßig flüssigen Dreiertakt ins Rollen, nicht viel später aber bleibt die Erzählung stehen, reduziert und wandelt sich zum bloßen Schauen. Nur wenig ragt heraus aus den stumpfen Klangflächen zwischen hohen und tiefen Streichern, und dies Wenige steht scheinbar bezugslos nebeneinander. Wie dann auch der aufbrausende Schluss: Woher er kommt, weilß man nicht. Anders aber als etwa in vielen markanter gebauten Klaviorstückon Mi1às herrscht hier keinerlei Legitimationszwang über das Woher und Wohin der Klänge; sie sind da, und das muss genug sein, Merkwürdige Überschneidungen gibt es zwischen den “Katalanischen Impressionen” und dem a-Moll-Klavjerkonzert der etwa 15-jährigen Clara Schumann. Auch dort ist auf weite Strecken nicht die entschedene Aussage gewollt, sondern Stimmungen. Sichor: So lassen sich die vielen austauschbaren virtuosen Phrasen in den Ecksätzen bemängein, verrät der recht vorhorsehbare Melodiebau in der Romanze auf Schritt und Tritt die planende und ordnende Hand des Vaters, Friedrich Wieck, doch hat das Werk Bowegung ,und einigen Tiefgang, Enrica Cicarelli als Solistin vermittelte davon zumindest einen runden und konzentrierten Eindruck.
Zurück in die trauten Gefilde des Wohlbekannten ging es mit Dvoráks Symphonie “Aus der neuen Welt”, und hier schlug denn auch dio große Stunde von Darigent und Orchester. Giuseppe Cataldo, in Palermo Chef des Orchestra Sinfonica Siciliana, beschränkte seine Gestik zuerst aufs bloße Zusammenhaiten dor Münchner Symphoniker, auf das Sichern von Metrum und Tempo. Wie recht er damit hatte, zeigten die vielen Möglichkeiten zu Verdichtung und Steigerung, die er später daraus schöpfen konnte; das kurze Vorwärtsdrängen etwa vor der Wiederholung im ersten Satz bekam so eine immense dramaturgische Bedeutung. Und die Symphoniker lieferten mit weich und genau ineinandergehenden Instrumentengruppen und viel Elan dazu nun mehr als nur solide Arbeit: viel Beifall für eine Aufführung, die jede Sekunde Spannung hielt.